Hintergrund zur Aktion "Blühstreifen, Tierwohl und mehr"
Wie kommt es zu dieser Aktion? Es ist Grüne Woche in Berlin (das ist eine landwirtschaftliche Messe, auf der viel über landwirtschaftliche Themen diskutiert wird. Unter anderem gibt es dort auch
die Demonstration "Wir haben es satt", auf der viele Dinge, die in der Landwirtschaft passieren (zum Teil auch berechtigt) angeprangert werden. Aus meiner Sicht etwas schwierig. Es wird
angeprangert, aber es werden zu wenig konstruktive Lösungen geboten.
Deshalb meine Idee: Was kann ich direkt hier vor Ort und jetzt sofort tun, um irgendetwas positives für die Landschaft, der Umwelt oder den Tieren zu machen? Gibt es vielleicht eine einfache
Lösung der ganz kleinen Schritte? Ich weiß es nicht, aber einen Versuch ist es wert.
Welche "Gedankenblitze" haben mich bewegt?
Blühstreifen
- Insektensterben kann man sicher mit einem Blühstreifen verringern, denn ein besseres Nahrungsangebot ist für diese zum Vorteil
- Es gibt bereits Angebote von der Landwirtschaftskammer, der Jägerschaft Rotenburg oder dem NABU- aber ist es ausreichend, einfach nur einen Blühstreifen anzulegen?
- möchte ich nicht andere Menschen mitnehmen und für das Thema sensibilisieren?
- wäre es nicht schön, wenn sich jeder vor Ort von der Wirkung eines Blühstreifens überzeugen könnte? Wer geht denn überhaupt in der Natur spazieren?
- die neue Düngeverordnung soll zu einer umweltbewussten Landwirtschaft führen- ich glaube, die Verordnung ist gut gemeint- führt aber wie so oft zum Gegenteil- Warum?
- da die erlaubte Ausbringungshöhe von Nährstoffen pro Fläche reduziert wurde, gibt es für Landwirte zwei Möglichkeiten- entweder die Tierzahl reduzieren oder falls vorhanden extensiv genutzte
Flächen oder auch Blühstreifen intensiv nutzen- Die Verringerung der Tierzahl hat einen negativen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebes und führt möglicherweise dazu, das der Betrieb
in ein paar Jahren eingestellt werden muss, wenn nicht genügend Einkommen erlöst werden kann- Was macht der Landwirt also?- extensive Flächen intensivieren!!?? Ist das im Sinne der
Düngeverordnung??
- weiter gesponnen: Wenn extensive Flächen intensiv genutzt werden, werden dann Gesetze kommen, die die Intensivierung wieder verbieten?? Und wird das wiederum dazu führen, dass noch mehr und
schneller Flächen intensiv genutzt werden, bevor es die Gesetze gibt?? Das ist ein Teufelskreislauf- Daumenschrauben anlegen und so versuchen positive Dinge zu erreichen- das führt zu Unmut und
einer grundsätzlichen Abwehrhaltung, oder?
- Wie kann also sonst etwas für die Umwelt getan werden, wo es doch eigentlich jeder möchte? Der Verbraucher scheint bereit zu sein, etwas dafür zu bezahlen. Aber an wen soll er bezahlen? Wie
findet er den Landwirt, der bereit ist, etwas zu tun?
- Die oben angesprochenen Förderprogramme von der Landwirtschaftskammer sind eigentlich gut, aber was kommt von den Geldern tatsächlich an? Oder anders gefragt- Wieviel Geld kostet die
Umsetzung der Maßnahme zusätzlich im Antragswesen, der Verwaltung und den dann folgenden Kontrollen? Und außerdem: Ist es in Ordnung Steuergelder für diese Zwecke einzusetzen? Es gibt doch auch
noch so viele andere wichtige Baustellen- kann es da nicht kurze Wege geben?
- einen kurzen Weg gibt es schon- der Weg der Jägerschaft ist sehr wenig bürokratisch
- Wie sieht denn die Kontrolle bei meiner Aktion aus? Nur Vertrauen reicht nicht. Ich werde jeden Quadratmeter Blühstreifen exakt ausweisen müssen, so dass jeder Aktionsteilnehmer seinen
Streifen findet und auch auf Google nachmessen kann. Das erlöste Geld kann sich jeder berechnen. Nach Abzug von 20% Einkommensteuer muss der Rest investiert werden- die Rechnungen muss ich den
Teilnehmern zeigen können. Eine Kontrolle von außen gibt es nicht. Jeder, der mich kennt, weiß aber auch, das ich nicht lügen und betrügen kann, ohne danach schlecht zu schlafen, bis es wieder
ehrlich wäre.
Gewässerschutz
- Gewässerschutz ist wichtig
- Pflanzenschutzmittel und Dünger dürfen nicht ins Wasser gelangen
- so lange Menschen die Arbeit verrichten, sind Unfälle aber immer möglich
- Ein großer Abstand zum Graben verringert das Risiko
Naturvielfalt
- Vielfalt in der Natur ist gut für die Tierwelt
- Fruchtwechsel sorgen für bessere Hygiene und sichern langfristig die Bodenfruchtbarkeit
- Wird ein Landwirt, der nicht die Frucht anbaut, mit der er Geld verdienen kann, zu wenig Einkommen erzielen und über kurz oder lang den Betrieb aufgeben müssen?
- Wird noch mehr Bürokratie und eine größere Einengung durch Gesetze viele Landwirte, insbesondere kleine Betriebe zur Aufgabe zwingen?
- Was nützt mir eine bessere langanhaltende Bodenfruchtbarkeit in 50 Jahren, wenn ich oder meine Erben dann nicht mehr wirtschaften, weil der Betrieb zu wenig Einkommen erzielen konnte?
- Kann Naturvielfalt nicht direkt vom Verbraucher entlohnt werden?
Tierwohl
- ich glaube Tierwohl beginnt im Herzen des Tierhalters, sowohl bei Nutztieren, wie auch bei Haustieren, aber wie kann man das messen?
- bei den Demonstrationen wird mehr Tierwohl eingefordert, Bilder im Fernsehen zeigen schockierende Zustände in manchen Ställen- aber ist das Realität?
- ich glaube, es ist Realität, aber ich glaube auch, dass es nur eine kleine Minderheit der Betriebe darstellt
- in den Demonstrationen kommt es so rüber, das alle Tierhalter ihre Tiere so halten- es ärgert mich besonders, weil ich mich persönlich angesprochen fühle, obwohl mir das Wohl der Tiere
absolut am Herzen liegt- wahrscheinlich geht es 98% aller Tierhalter genauso wie mir
- das führt zu einer Verhärtung der Fronten- es wird gegeneinander gearbeitet, anstatt miteinander
- Mein Wunsch wäre so: Wenn ein Tierhalter seine Tiere nicht ordnungsgemäß versorgt, sollte ein Nachbar, Tierschützer oder wer auch immer beim Landwirt klingeln und das Problem ansprechen und
Hilfe anbieten.
- Kann es richtig sein nachts in den Stall einzubrechen, Videos zu machen und diese ans Fernsehen zu verkaufen, ohne das ein Richter über die Lage entschieden hat?
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Ein anderer Weg, der genutzt werden könnte, wenn die angebotene Hilfe nicht fruchtet und tatsächlich gegen Tierschutzrichtlinien verstoßen wird, ist der Gang zur Polizei. Es wird Strafanzeige
gestellt und ein Richter entscheidet nach Gesetzeslage, wie bei allen anderen Straftatbeständen auch üblich.
- Der Landwirt muss auch bereit sein, sich der Kritik zu stellen. Er muss sich zwingend hinterfragen. Warum werden meine Tiere nicht ordnungsgemäß versorgt? Ist es mir womöglich egal, weil ich
so viel mit der Arbeitsbewältigung an sich zu tun habe? Oder welche Gründe gibt es sonst? Bin ich vielleicht über die Jahre abgestumpft und nehme die Dinge ganz anders wahr, als es große Teile
der Gesellschaft tun?
- Ökonomische Gründe für Tierschutzverletzungen kann es eigentlich nicht geben, denn Tiere, die krank sind, bringen kein Einkommen und kosten noch zusätzliche Arbeitszeit, oder nicht?
- eigentlich ist es verrückt. Wie kann es sein, dass Tierschützer und Landwirte so sehr gegeneinander arbeiten. Eine gemeinsame Richtung könnte vielleicht viel mehr bewegen.
- Tierwohlinitiativen sollen das Problem lösen- aber können sie das? Von 100 € Steuergeldern, die ins Tierwohllabel gesteckt werden, müssen wahrscheinlich 10-20 € für die Entwicklung des
Programms abgezogen werden, dann sicher nochmal 10-20 € für die Verwaltung und ein ähnlicher Betrag für die Kontrollen, nicht zu vergessen der Zwischenhandel; dann bleibt unterm Strich nicht
viel. Außerdem wird ein Tierwohllabel nicht dazu führen, dass auf manchen wenigen Betrieben die Tiere schlecht versorgt werden.
- Was ist eigentlich Tierwohl wert? Ist es gerechtfertigt, staatliche Gelder für Tierwohl einzusetzen? Wie leben denn die Menschen? Eng zusammen in Hochhäusern, eingepfercht in der U-Bahn
stehend und außerdem unter Dauerstress, weil die Arbeit fertig werden muss- wäre das aus Tierschutzsicht erlaubt?
- Wie steht es um unsere Ernährung? Für die Tiere ist eine genaue Rationsberechnung Pflicht und Standard, aber welcher Mensch kennt überhaupt seinen eigenen Bedarf?
- Warum sind ungesunde Lebensmittel erlaubt? Bei Tieren wäre es ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, wenn durch ein Futtermittel eine Wirkung wie beim Alkohol eintreten würde.
- Kann ich als Verbraucher Tierwohl ernsthaft erkennen? Nur weil auf der Verpackung ein Label steht? Ist das Produkt dann besser? Oder ist es Heuchelei?
- Ich bin selbst auch Verbraucher, wie reagiere ich selbst? Wenn ich ein T-Shirt kaufen möchte, kaufe ich das günstige, weil ich gar nicht erkennen kann, ob das teure T-Shirt eventuell unter
besseren Standards gefertigt wurde. Wie kann ich überhaupt feststellen, ob ein Lebensmittel von einem Bauern stammt, der gute, ehrliche und nachhaltige Arbeit macht?
- Thema Zertifizierungen- bei der Kontrolle kann nur nachgesehen werden, ob etwas aufgeschrieben wurde- ob die Arbeit tatsächlich so durchgeführt wurde, kann kaum jemand kontrollieren- Warum
also ein solches System? Nicht nur im Lebensmittelbereich, sondern in allen Bereichen, wie zum Beispiel auch der Krankenpflege? Könnte die Zeit, in der die Dinge aufgeschrieben werden müssen, für
die tatsächliche vielleicht dann bessere Durchführung der Arbeit nicht viel besser genutzt werden?
Was ist die Konsequenz aus dem komplexen Thema??
Es gibt kein Patentrezept, es gibt kein schwarz oder weiß, gut oder böse. Es sollte jeder versuchen, seinen Teil zum besseren (jeder in seinem Metier)
beizutragen. Wenn das jeder versucht, und das jeden Tag, ist allen geholfen.